Es gibt kein größeres Leid, als das der Mensch sich selbst andeit
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- Geschrieben von Axel Hermanns
Kolumne
Das Wort am Sonntag
(Krefeld, 10 . August 2014) Wichtigstes Informationsinstrument zu den 19. Senioren-Europameisterschaften vom 22. bis 31. August 2014 in Izmir (Türkei) ist die herunter tickende Uhr auf der Netzseite des Lokalen Organisationskomitees (LOC). Jetzt sind es noch 11 Tage, xx Stunden und xx Minuten. Ansonsten ist der Nachrichtenfluss eher dürftig bis überhaupt nicht vorhanden. Werten wir es mal als positives Zeichen, öffnen gleichwohl eine allseits verpönte Baustelle zu derlei Titelkämpfen internationaler Machart. Manche/r müsste bei kontinentalen und globalen Meisterschaften vor sich selber geschützt werden. Denn die jeweils federführenden Dachverbände EVAA und WMA schauen seit Jahren tatenlos zu. Getreu der Devise „Süßer die Kassen nie klingeln“ tritt die körperliche Unversehrtheit der Aktiven in den Hintergrund. Und das bei den zu erwartenden Temperaturen. Die pflegen in Izmir im Durchschnitt jenseits von 32 Grad zu liegen. Im Schatten, wohl gemerkt. Den gibt es allerdings im Sommer bei Wettkämpfen unter freiem Himmel nicht. Kurzum: in der Sonne wird es brüllend heiß.
Geradezu unverantwortlich, was da in der normenfreien Zone EM/WM so alles getrieben wird. Sich zu spezialisieren ist augenscheinlich etwas für Feig- und Schwächlinge. Hoch lebe der/die Alleskönner/in. Jede sich bietende „Marktlücke“ wird gnadenlos (aus-)genutzt. Davon machen die Germanen/innen, gerne auch fortgeschrittenen Semesters („Was schert mich meine Restlaufzeit“), keine Ausnahme. Dies offenbart ein kühner Blick in die Meldeliste des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Als Starter in einer Spezialdisziplin fällt man(n)/frau unter Exot, kann sich quasi für Eintritt im Zirkus bestaunen lassen. Fünf, sechs Starts sind keine Seltenheit, häufig in Verbindung mit Mehrkämpfen. Abenteuerlich dabei teilweise die Zusammenstellung, die keinerlei disziplinäre Verwandtschaft mehr erkennen lassen.
Den Vogel bei den Seniorinnen schießt Ingrid Holzknecht (W 70) von der LG Elmshorn, eine durchaus renommierte Werferin, mit sieben Wettbewerben, darunter den Wurf-Fünfkampf oder Werfer-Fünfkampf, wie es der DLV fälschlicherweise nennt (es wird ausschließlich mit Geräten, nicht Personen geworfen). Von der gleichermaßen bescheuerten Bezeichnung Gewichtswurf hat sich der Verband erfreulicherweise verabschiedet.
Durchweg gesitteter, sprich: sparsamer, geht es bei den Senioren zu. Selbst der weithin bekannte Titel- und Medaillen-Moloch Guido Müller (M 75) vom TSV Vaterstetten kommt, ohne Staffeln, "lediglich" auf fünf Starts. Spitzenreiter ist Klaus Heidinger (M 75) vom TB Emmendingen, der sich sechs Solowettbewerbe und den Zehnkampf aufbürden will. Das nächst strammste Programm hat sich Reiner Görtz (M 70) aufgehalst, der wie einige andere sechsmal gemeldet hat, darunter jedoch den Wurf-Fünfkampf und Zehnkampf. Das sind per Saldo sage und schreibe 20 (in Worten: zwanzig) Disziplinen. Obendrein mit mehreren Versuchen und Fehlversuchen (Hoch und Stabhoch). Die Hochrechnung verweigere ich jetzt.
Dazu fallen mir spontan die sarkastischen Sprüche „Sport ist Mord“ und „Sport treiben oder gesund bleiben“ ein. Ergänzend ließe sich hinzufügen: „Es gibt kein größeres Leid, als das der Mensch sich selbst andeit.“ Ganz nebenbei bemerkt auch eine Frage des Geldes. Da kommt bei den horrenden Preisen sehr zur Freude des LOC nämlich ein erkleckliches Sümmchen an Startgeldern zusammen. Ganz zu schweigen von allen anderen Nebengeräuschen. Aber was soll der Geiz? Schlussendlich hat das letzte Hemd keine Taschen.
In diesem Sinne einen schönen (Rest-)Sonntag und eine schaffensreiche neue Woche!
Johann Lindner warf Jahresweltbestleistung mit dem Hammer
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- Geschrieben von Axel Hermanns
(Wels/Krefeld, 10. August 2014) Was für ein Hammer mit dem Hammer?! Der Doppel-Olympiateilnehmer von 1984 (Zweier- und Viererbob in Sarajevo, Leichtathletik in Los Angeles) und mit 79,70 m immer noch amtierender österreichischer Hammerwurf-Rekordler Johann „Hans“ Lindner (im Bild) meldete sich nach gerade überstandener Knieverletzung eindrucksvoll zurück. Bei den Oberösterreichischen Masters gestern in Wels bei Linz erzielte der 55-Jährige mit 59,23 m eine neue Weltjahresbestleistung in der Altersklasse M 55. Mit Rücksicht auf das lädiert gewesene Knie verzichtete er im Hinblick auf die bald beginnende Senioren-EM im türkischen Izmir auf die beiden letzten Versuche. Dort werden die Karten nunmehr neu gemischt, avanciert er vom Jäger zum Gejagten. Auch seines Landsmannes Gottfried Gassenbauer (*1958), dem eine Woche nach den Staatsmeisterschaften der Männer/Frauen in Amstetten (Vierter mit 51,19 m) ein wenig die Frische fehlte und die Rückumstellung vom 7,26 auf das altersgemäße 6 Kilogramm schwere Gerät noch nicht adäquat gelang. Eingedenk dieser Vorzeichen war „Gassi“ jedoch mit fünf Würfen jenseits der 55 Meter, einem denkbar knapp darunter (54,99 m) und der Tagesbestweite von 55,70 m recht zufrieden. Heimo Viertbauer (*1943) gewann die M 70 mit starken 53,20 m, obgleich seine Beine nach Kugel und Diskus schon ein wenig mürbe waren und er die Drehungen nicht gewohnt schnell hin bekam.
Video-Filmer Franz Kastenberger hat ein paar Impressionen von diesem Wettkampf ins Netz gestellt.
Über die ARD-Mediathek ist der Beitrag "Fit und flott mit Falten" zu sehen
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- Geschrieben von Axel Hermanns
(Köln/Krefeld, 08. August 2014) Noch einmal, aber zugleich letztmals ein Nachdreher zum (vorerst?) aufgeschobenen Beitrag „Fit und flott mit Falten“ des WDR-Fernsehens (siehe gestrigen Kommentar). Herbert E. Müller (*1929) vom TSV Bayer Dormagen, männlicher Hauptdarsteller der ins Bild gesetzten drei Senioren/innen, ist als Mittel- und Langstreckler nicht nur sehr flott auf den Beinen, sondern hat auch ordentlich was zwischen den Ohren. Obwohl aufgrund seines Alters zwangsläufig Seiteneinsteiger bei den modernen elektronischen Medien, kennt er sich auf diesem Terrain bestens aus, ist ein unermüdlicher und obendrein findiger Netzwerker. Dass der genannte Beitrag auch aus der WDR-Mediathek verschwand, ließ ihn nicht ruhen. Und siehe da: es gibt ihn doch, muss also nicht bis zum etwaigen späteren Sendetermin am Sankt Nimmerleinstag gewartet werden. Unter diesem Link öffnet sich das Objekt der Begierde.
Landesverband Thüringen ist zunächst wieder handlungsfähig
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(Erfurt/Krefeld, 09. August 2014) Bezug nehmend auf einen ausführlichen Artikel in der Online-Ausgabe der Thüringischen Landeszeitung hatten wir vor zwei Tagen berichtet, dass beim Thüringer Leichtathletik-Verband (TLV) schon vor Weihnachten der Baum brennen würde. Es kann insofern leise Entwarnung gegeben werden, als der Brand zunächst einmal gelöscht wurde. Schwelen wird er weiterhin. Auf einer angeblich turnusmäßigen Präsidiumssitzung sind Heinz-Wolfgang Lahmann als Präsident und Sandro Kubitza als Vizepräsident bestellt worden. Alle geplanten Sofortmaßnahmen zur Bewältigung der mannigfaltigen Probleme sind einer knappen, eher kargen Meldung auf der Netzseite des TLV zu entnehmen.
Beitrag "Fit und flott mit Falten" vom WDR-Fernsehen aufgeschoben
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- Geschrieben von Axel Hermanns
Kommentar
Nebenbei bemerkt
(Köln/Krefeld, 07. August 2014) Bekanntlich fängt der frühe Vogel den Wurm. Wer also vor dem ursprünglich beabsichtigen Sendetermin gestern Abend (18.05 Uhr) im WDR-Fernsehen den Beitrag „Fit und flott mit Falten“ über die Verlinkung am 04. August bei uns oder anderswo angeschaut hat, der traf die richtige Entscheidung. Aus „aktuellem Anlass“ sah sich die Kölner Anstalt der ARD-Kette gezwungen, die vorgefertigte, sehr aufwändige und mithin kostspielige 14-minütige Reportage über die Senioren-Leichtathleten Herbert E. Müller (M 85) vom TSV Bayer Dormagen, Brita Kiesheyer (W 75) und Christa Winkelmann (W 80) vom CSV Marathon Krefeld mit noch unbekanntem Termin zu verschieben und deshalb auch aus der Mediathek zu nehmen. Nun vollführen alle einen Salto rückwärts, wir hiermit inbegriffen, die darauf hingewiesen und sämtliche Völkerstämme aus der großen Leichtathletik-Familie fortgeschrittenen Alters neugierig gemacht hatten. Das ist Künstlerpech und kann in dieser Branche nun einmal leider passieren, dürfen wir unsere Tastaturfinger getrost in Unschuld waschen. Bleibt zu hoffen, dass aufgeschoben nicht gleich aufgehoben bedeutet.
Immerhin blieb dem DLV (vorerst) die Peinlichkeit erspart, dass er mit seiner Ankündigung vom 04.August in der Überschrift „WDR zeigt Senioren-Beitrag zur DM in Erfurt“ gründlich daneben lag. Das ist das Ergebnis, wenn das „Erdmännchen“ (Autor war Jörg Erdmann) mit hausierendem Halbwissen schnell noch eine Mogelpackung an den Mann und die Frau zu bringen versucht. Vielmehr handelte es sich um eine Reportage-Reihe, die Einblicke in den Alltag von Menschen in NRW geben soll. Dabei wurden mehr beiläufig ein paar Schnipsel während der DM gezeigt. Das war's. Basta!
Ein Kamera- und Redakteursteam des MDR wurde dagegen bei den Titelkämpfen Mitte Juli in Erfurt nicht gesichtet. Der DLV hatte sich vermutlich im vorauseilenden Gehorsam getreu dem Motto „ohnehin sinn- und hoffnungslos“ nicht einmal darum bemüht. Und das bei einer Veranstaltung mit über 1.200 Teilnehmern einer offiziellen Meisterschaft. Schade und eine Chance vertan. Denn was im Osten der Republik beim MDR gleichwohl so alles möglich ist, bewies LSW-Spezialsport. Die konnten die (Un-)Verantwortlichen mit ihrer Europameisterschaft von eigenen Gnaden in 17 teilweise exotischen Wurf-Disziplinen in Halberstadt im nördlichen Harzvorland für einen zeitlich recht aktuellen Beitrag im MDR-Fernsehen unter „Sachsen-Anhalt Heute“ am 03. August, 19 Uhr, mit dem beziehungsreichen Titel „Weit werfen und laut schreien“ erwärmen.
Das war LSW, die keinem nationalen Verband unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und keiner adäquaten internationalen Organisation angehören, schon vor zwei Jahren bei diesen so genannten Titelkämpfen in Jüterbog (Brandenburg) gelungen. Es sei ihnen von Herzen gegönnt. Aber mit Verlaub und bei genauer Betrachtung, ergo von der MDR-Redaktion miserabel recherchiert, ist es ein absolutes Unding, dass ihnen mit solch einer vogelwilden Kirmes-Nummer Sendezeit bei einer öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt eingeräumt wird.
Genau so gut (schlecht) könnte ich mit dem Bäckermeister meines Vertrauens Namens Sommer eine Europameisterschaft im Brötchen backen organisieren. Das hätte ungefähr den gleichen sittlichen Nährwert. Allerdings haben wir beide, mein Teigwarenspezialist und ich, den Standort-Nachteil im Verbreitungsgebiet des WDR ansässig zu sein. Den werden wir für solch einen Nonsens kaum begeistern können.