Gießkannenprinzip mit Motto: Wasch' mich, aber mach' mich nicht nass!
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- Geschrieben von Gastautor Knut Reimann
Kolumne am Mittwoch
Einen Augenblick mal bitte
(Bathurst/Krefeld, 22. Februar 2023) Ist weniger mitunter wirklich mehr? Im Falle der internationalen Senioren-Leichtathletik ist diese Frage mit einem klaren Ja zu beantworten! In seiner letzten – illegal verlängerten – Amtszeit als Präsident der European Masters Athletics (EMA) hat Reisekönig und Spesenritter Kurt Kaschke durch die Lieferanten-Hintertür die Anzahl der Europa-Meisterschaften verdoppelt. Sechs statt bis dahin drei kontinentale Titelkämpfe stehen auf der Angebotsliste. Wobei seine Neuprodukte im undurchschaubaren Kürzelwahn EMAMRC, EMORRC oder EMMTRC allesamt aus dem Laufbereich stammen und ein unverständliches Plus pro Lauf darstellen. Nicht zu verschweigen, dass, welch ein Zufall, diese Angebote ausschließlich einen Ausrichter auf Madeira haben. Die Insel gehört zu Portugal, der auf dem Festland in Assafora im Bezirk Lissabon neuen Wahlheimat des Ex-Präsidenten. Ein Schelm oder Schuft, der Böses dabei denkt.
Masters bei größeren Ereignissen angehängt
Mag sein, dass auch das neue nicht satzungskonform zusammengesetzte EMA-Präsidium diesem Süd- und Portugal-Trend zugestimmt hat, kommen doch alle fünf Council-Mitglieder aus Ländern jenseits der Alpen. Die Teilnehmerzahlen der Neuprodukte rechtfertigen jedoch nie und nimmer eine eigene Meisterschaft und sind daher bei größeren Ereignissen angehängt, bei denen dann die Masters bei Zieleinläufen und Siegerehrungen untergebuttert werden. Also handelt es sich obendrein um eine Ab- statt Aufwertung.
Es sind meist die schlechten Beispiele, die Schule machen
Nun hat auch die Ü35-Dachorganisation World Masters Athletics (WMA) diese Hintertür-Offerten von Kaschke übernommen. Vergangenes Wochenende fanden im australischen Bathurst die ersten Cross-Country-Weltmeisterschaften der Masters statt. Gemeinsam mit den Cross-Meisterschaften der Männer/Frauen der noch einmal übergeordneten World Athletics (WA, vormals IAAF). Denkbar, dass die Masters sich dann mit den Großen der Zunft auf ein Foto stellen durften oder vielleicht bei irgendeiner Siegerehrung die Hand vom Präsidenten Sebastian Coe geschüttelt bekommen haben.
Alles in allem ein unausgegorenes, überflüssiges Projekt
WMA-Präsidenten Margit Jungmann (im Bild) aus Rehlingen dürfte es anlässlich ihres Rechenschaftsberichtes schwerfallen, bei den jämmerlichen Meldezahlen Aufwand und Ertrag in Einklang bringen zu wollen. Nicht einmal 300 Startwillige durch alle Altersklassen männlich und weiblich gab es in Bathurst, von denen erfahrungsgemäß 15 bis 20 Prozent nicht erschienen sind. Lediglich 15 Nationen hatten mindestens eine/n Läufer/in entsandt, wobei Australien als Gastgeberland mit 80 Prozent der nominellen Teilnehmer:innen den Löwenanteil dieser „Australian Open“ mit ausgesprochen übersichtlicher internationaler Beteiligung stellte (siehe Ergebnisliste). Eingeräumt, dass Australien für Europäer verdammt weit vom Schuss ist und einen hübsch-hässlichen Batzen Geld verschlingt. Das jedoch war vorher bekannt.
Dass der Masters-Szene auch neue Ideen, vielleicht sogar Formate innerhalb Bestehendem wie in anderen Sportarten, gut täten, steht außer Frage. Dass aber mit aller Gewalt Meisterschaften eingeführt werden, die nicht einmal diesem Charakter gerecht werden, sollte sehr genau und sorgfältig überdacht werden.
Was lernen wir daraus? Weniger ist manchmal wahrhaftig mehr! Dieses Gießkannenprinzip hat etwas von dem Motto „Wasch‘ mich, aber mach‘ mich nicht nass!“
DLV-Chefbundestrainerin Annett Stein wieder fernab jedweder Realität
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- Geschrieben von Dieter Krumm und Axel Hermanns
(Dortmund/Darmstadt/Krefeld, 21. Februar 2023) Ganz so wie in unserem gestrigen Beitrag von der Hallen-DM der Männer/Frauen schlussendlich richtig gemutmaßt, greift der veranstaltende DLV auf seiner digitalen Hauspostille nach gutem Brauch und alter Väter Sitte mal wieder in die Kiste von Märchen und Sagen. Da heißt es: „Begeisterte Fans, spannende Duelle, Überraschungen und Top-Resultate: Die 70.Deutschen Hallenmeisterschaften vor 8.000 Zuschauern in der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle hatten dieses Wochenende das komplette Leichtathletik-Repertoire zu bieten.
Das betonte auch Chef-Bundestrainerin Annett Stein bei der Abschluss-Pressekonferenz am Sonntagnachmittag: ,Ich bin zufrieden mit der Meisterschaft. Auch im Hinblick auf die Hallen-EM in zwei Wochen in Istanbul.‘ Für den Höhepunkt der Hallensaison rechnet Annett Stein mit einer deutschen Mannschaft von etwa 30 Startern.“ Zitat Ende. Die Frontfrau wird einmal mehr ihrem Ruf gerecht den Mund fernab jedweder Realität allzu voll zu nehmen. Das dargebotene Niveau in Spitze und Breite vermag da nicht mitzuhalten.
Abermaliger deutlicher Leistungsrückgang zu verzeichnen
Denn: Im Vergleich mit den schon nicht üppigen Titelkämpfen des Vorjahres ist zum großen Teil ein deutlicher Leistungsrückgang zu verzeichnen. Beim „Närrischen Treiben“ am Karnevalswochenende unter dem Hallendach in der Westfalenmetropole reichten die gezeigten Leistungen bei den Frauen exakt zu fünf Normerfüllungen für die EM: Drei über 60 Meter und zwei im 3.000-m-Lauf. Punkt! Davon wird mit Sprinterin Gina Lückenkemper eine nominelle Hoffnungsträgerin mit Endlaufformat in der Türkei nicht in die Blöcke gehen.
Noch eine kleine, indes bemerkenswerte Randnotiz: Jenes Quintett trainiert nahezu ausschließlich in den USA und nicht unter dem riesigen Aufgebot an Bundestrainern. Wobei deren Anteil an der Leistungsentwicklung, Trainings- und Wettkampfsteuerung ohnehin hoffnungslos überschätzt wird. Sie stellen oftmals das Problem und nicht die Lösung dar. Siehe unter anderem Pre-Camp vor der WM 2022 in den USA.
Per Saldo werden es garantiert keine 30 Normerfüller sein
Bei den Männern haben bei diesen Meisterschaften ebenfalls lediglich fünf die EM-Qualifikation geschafft, zwei von ihnen sagten bereits den Start ab. Da dürfen alle interessierten Fach- und Sehleute fürwahr bannig gespannt sein, welche sage und schreibe 30 Athlet:innen für die Europameisterschaften in der 16-Millionen-Stadt am Bosporus, der Nahtstelle zwischen Europa und Asien, nominiert werden.
Es gibt sicherlich noch einige Männer und Frauen die bei einem anderen Hallenmeeting die Norm erreicht haben. Aber insgesamt 30 werden es garantiert nicht sein.
Ehepaar Wolfgang und Ute Ritte scheiterte unisono beim Rekordvorhaben
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- Geschrieben von Axel Hermanns
(Ludwigshafen//Krefeld, 19. Februar 2023) Ohne dass es ursächlich mit Karneval zu tun hat, gibt es auch noch (m)ein ganz normales pralles Leben neben LAMPIS. Deshalb bediene ich mich an den „Drei tollen Tagen“ am Tulpensonntag mit dem quantitativ und qualitativ gut besetzten LVP-Senioren-Hallensportfest gestern an Nelkensamstag in Ludwigshafen mit 206 Gemeldeten aus drei Nationen (das kostet reichlich DLV-Organisationsgebühr) der Binsenweisheit „In der Kürze liegt die Würze“.
Dass ein Wettkampf kein Wunschkonzert ist musste auch der Stabhochsprung-Überflieger und 50-malige Senioren-Weltrekordler Wolfgang Ritte (*07.01.1953) vom SC Bayer 05 Uerdingen ausgerechnet auf seiner erklärten Lieblingsanlage erfahren. Der Jung-Siebziger (im Bild) scheiterte nach übersprungenen 3,40m dreimal an der neuen Weltrekordhöhe von 3,60m, den er also vorerst selber weiterhin mit 3,55m innehat. Seine angetraute Klubkameradin Ute (*1952) musste nach zuvor gemeisterten 2,30m ebenfalls eine neue Bestmarke von 2,40m (bisher 2,35m) abschreiben. Welcher, da scheiden sich spätestens seit unserem Kommentar von vorgestern die Geister. Nach ungewöhnlich vielen Reaktionen darauf ist inzwischen aufgrund interaktiver Mitarbeit einiger Leser klar, dass es sich bei Kay Glynn (nicht Glenn, wurde bereits von uns richtiggestellt) um eine Frau handelt. Alles andere bleibt jedoch so offen wie wir es beschrieben haben.
Was das Meeting an Vater Rhein betrifft verweisen wir auf die verlinkte Online-Ergebnisliste im sattsam bekannten kruden SELTEC-Mix. Veranstaltungsleiter Dieter Tisch hatte bei früherer Gelegenheit mal vollmundig erklärt, dass eine Software eben nur so gut sei wie seine Anwender. Selber bekam er jedoch auch keine Ordnung ins System der Systemlosigkeit. Der höhnische Beifall ist ihm sicher!
Melitta Czerwenka-Nagel und Klemens Wittig im Rahmen der DM geehrt
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- Geschrieben von Axel Hermanns
(Dortmund/Krefeld, 20. Februar 2023) Auf der Jubilate-Netzseite des DLV, die stets eine nicht vorhandene heile Leichtathletik-Welt bis hin zu einem Nachruf über Tim Lobinger (der dem im positiven Sinne streitbaren Geist in der und für die Sache nicht gerecht wird) abzubilden pflegt, wollen sie uns wieder weismachen wie toll alles bei den Deutschen Hallenmeisterschaften der Männer/Frauen an Karneval in Dortmund war. Da wird der in Spitze und vor allem Breite durchaus oftmals dargebotene feuchte Kehricht einfach unter den Redaktionstisch gekehrt.
Aber womöglich verstehe ich ja zu wenig von dieser Sportart, die ich seit 1966 journalistisch und „nebenbei“ bis auf zwei dreijährige Unterbrechungen bei aller gebotenen Bescheidenheit als recht erfolgreicher Kugelstoßer in bislang 1.185 Wettkämpfen begleite. Deshalb überlasse ich unserer geschätzten Lesergemeinde vom Fach mit der Verlinkung der Online-Ergebnisliste (übrigens von Swiss Timing anders als bei SELTEC hübsch stringent getrennt nach männlich und weiblich) getreu dem Motto der Boulevard-Zeitung mit den vier großen Lettern: „BILD dir deine Meinung“. Nur noch dies: Der DLV erteilte bereits vor Aschermittwoch die Absolution. Das soll zudem die unendlich vielen ureigenen Unzulänglichkeiten kaschieren. Aber die sind ja sattsam bekannt.
Ein Riesenfortschritt zum lieblosen bisherigen Prozedere
Aber immerhin wurden die „Alten“, sie nennen sie Masters, mangels einer wieder einmal nicht stattfindenden eigenen Hallen-DM vom DLV nicht vergessen. Bei sich bereits leerenden, auch zuvor nicht vollbesetzten Helmut-Körnig-Halle fand vor den abschließenden Staffelrennen ein Block von Ehrungen statt. Dabei wurden von einer gleich fünfköpfigen Delegation mit der Disziplin „Hände schütteln“ auch Melitta Czerwenka-Nagel (W90; im Bild) aus Saarbrücken und der Dortmunder Klemens Wittig (M85) hochoffiziell als Senioren-Leichtathleten des Jahres 2022 mit einer Acryl-Trophäe ausgezeichnet. Das ist zwar immer noch kein würdevoller Rahmen im Vergleich zur eigens dafür ausgerichteten Gala in „Felix Austria“. Aber schon ein riesiger Fortschritt dieses Prozedere wie bislang üblich nicht lieblos zwischen „Supp‘ und Gemüs‘“ während laufender Wettbewerbe bei einer Hallen-DM der Ü35-Generation abzufertigen.
Redaktioneller Hinweis auf einen Beitrag im Fenster Ergebnisse.
Ein dreifaches Helau und Alaaf auf die Termingestalter des DLV
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- Geschrieben von Axel Hermanns
(Dortmund/Ludwigshafen/Berlin/Krefeld, 18. Februar 2023) Helau, Alaaf, Mariechen tanz‘, Klatschmarsch, Tusch, Applaus, Kamelle! Ja, heute beginnen mehr oder weniger intensiv quer durch die Republik die „Drei tollen Tage“ im Karneval. Was das nun mit der Leichtathletik zu tun hat? Nicht elementar, aber durchaus peripher. Denn die Termingestalter des DLV erwiesen sich als veritable Spaßbremsen. Wenngleich Dortmund nicht gerade zu den Hochburgen der Narretei und des ausgelassenen Frohsinns auf Zeit gehört, so kommt das Fachpublikum für die Deutschen Hallen-Meisterschaften der Männer/Frauen heute und Sonntag nicht ausschließlich aus der westfälischen Metropole, sondern auch aus der NRW-Region – Köln und Düsseldorf sind beispielsweise lediglich 93 respektive 70 km entfernt – und noch weiter her. Und auch unter den Hauptdarstellern im Innenraum, überwiegend junge, nicht eindimensionale Menschen zwischen zwanzig und dreißig Jahre, werden sich garantiert viele ausgewiesene „Feierbiester“ befinden. Erst recht nach den vielen durch Corona bedingten Einschränkungen.
Bei Wintersport satt nur Schnipsel von der Hallen-DM im Fernsehen
Für das mediale Interesse sind diese Titelkämpfe parallel zu den Biathlon-Weltmeisterschaften in Oberhof und der Ski-WM in den französischen Alpen ebenfalls ausgesprochen kontraproduktiv terminiert. Der selbst ernannte (einstige) Leichtathletik-Sender Nr.1 EUROSPORT überträgt nullkommanix, in der ARD werden im Rahmen der Sportschau mit jeweils neun Stunden pro Tag Wintersport satt lediglich Schnipsel zu sehen sein. Was bleibt, ist der Hinweis auf den „Livestream“ im Internet. Kein Genuss ohne Reue. Also summa summarum mal wieder äußerst ungeschickt eingefädelt von dieser Dachorganisation mit ihren weltweiten Leuchtturmprojekten von eigenen Gnaden. Aber all das ist ein treffendes Spiegelbild des kümmerlichen Stellenwerts, den die Leichtathletik nach jahrelanger Misswirtschaft der Gonschinska & Co. mit einem schwerfälligen, sich selbst verwaltenden Apparat hier zu Lande noch hat.
"Stabi" Wolfgang Ritte geht abermals auf Weltrekordjagd
Aus eingeschränkter Sicht des DLV ist auch in den Niederrungen dieser Sportart, der Ü30, was los unter dem Hallendach an diesem Wochenende. Das heutige traditionelle LVP-Seniorensportfest in Ludwigshafen am Rhein lockt 206 Startwillige aus nah und fern an. Meines Wissens Melderekord, zumindest jedoch so viele wie schon länger nicht mehr (siehe Liste). Die einmal mehr ausgefallene Hallen-DM (zuletzt 2020 in Erfurt) erweist sich allem Anschein nach als zusätzlicher Magnet. Dass Stabhochspringer Wolfgang Ritte (*1953/M70) vom SC Bayer 05 Uerdingen auf seiner erklärten Lieblingsanlage auf neuerliche Weltrekordjagd (bisher 3,55m) gehen wird, haben wir in unserem Beitrag vom vorigen Montag bereits erwähnt.
Derweil stehen nord-östlich in unser aller Bundeshauptstadt morgen im Sportforum die offenen Berlin-Brandenburgischen Senioren-Meisterschaften auf der Agenda. Im Vergleich zu Ludwigshafen recht überschaubar mit 129 Gemeldeten aus 56 Vereinen bei insgesamt 256 Nennungen. Ergo im Durchschnitt ziemlich genau zwei Starts pro Athlet/in. Für Kiebitze alle Gemeldeten nach Klassen und Disziplinen unter diesem Link.