"Stabi" Wolfgang Ritte fliegt buchstäblich ins siebte Lebensjahrzehnt
- Details
- Geschrieben von Axel Hermanns
(Moers/Krefeld, 07. Januar 2023) Rückblende: Anfang Februar 2015 wurde der für den SC Bayer 05 Uerdingen startende, in Moers wohnhafte Stabhochspringer Wolfgang Ritte (*07. Januar 1953 in Bocholt; im Bild) als überhaupt erster Sportler seiner Heimatstadt auf einer Gala vom Stadtsportbund Moers mit einer geschmackvollen Acryl-Trophäe für sein sportliches Lebenswerk ausgezeichnet. „Schade, dass du jetzt aufhörst“, habe ich seinerzeit als Berichterstatter und sein damaliger Klubkamerad scherzhaft zu ihm gesagt. Sehr schön, aber auf ihn gemünzt ausgesprochen voreilig, diese veritable ideelle Auszeichnung. Denn bereits am nächsten Tag stellte der Sergej Bubka unter den Senioren in Ludwigshafen mit 4,16m einen neuen Hallen-Weltrekord der M60 auf. Seine 40. globale Bestmarke, Freiluft mitgerechnet. Es sollten bis dato sieben weitere folgen, und ein Ende ist erfreulicherweise nicht absehbar.
Aktuell hält er insgesamt fünf Weltrekorde
Nach der Überschrift ist es ein offenes Geheimnis, dass der Überflieger mit dem extrem langen sportlichen Haltbarkeitsdatum heute sein 70.Lebensjahr vollendet. Die „Sau“ wird er deshalb nicht rauslassen. Aus gutem Grund, alldieweil er morgen bei den Offenen Nordrhein-Hallenmeisterschaften der Ü30-Generation im Arena-Sportpark in Düsseldorf zur neuerlichen Rekordjagd abheben möchte. Darauf werden wir später in unserer Vorschau auf diese Titelkämpfe noch ein wenig näher eingehen. Übrigens verbesserte er exakt heute vor fünf Jahren an selber Stelle als eigenes Geburtstagsgeschenk den Europarekord der M65 mal eben um 17 Zentimeter auf 3,80m. Das hier noch „Versäumte“ holte der Mann mit dem verpflichtenden Kürzel WR (= Weltrekord) im März 2018 bei der Hallen-WM in Malaga (Spanien) nach, steigerte die weltweite Höchstmarke des Amerikaners John Altendorf um zehn Zentimeter auf 3,96m, die immer noch Bestand hat. Genau wie die 4,16 m in der M60, die er von all seinen Rekorden durch die verschiedenen Altersklassen als seinen wertvollsten einstuft, da er den erst im dritten Jahr in der M60 gesprungen ist. Dazu hält er aktuell noch die Stadion-Weltrekorde in der M55 mit 4,60m, M60 mit 4,32m und M65 mit 4,05m. Fortsetzung folgt? Höchstwahrscheinlich!
Über den Zeitraum von 47 Jahren stets vier Meter oder höher gesprungen
Allein mit seiner Statistik ließen sich noch Seiten füllen (siehe auch Wikipedia). Kaprizieren wir uns darauf, dass es bei ihm schon relativ früh absehbar war, dass er sich zu einem Dauerbrenner auf extrem hohen Niveau entwickeln sollte. Seine Lebensbestleistung von 5,11m stellte er nämlich als bereits 31-Jähriger 1984 in der M30 auf. Und in dem Kontext noch ein beeindruckendes Faktum: Über den Zeitraum von sage und schreibe 47 Jahren von 1971 bis 2018 stand stets mindestens die vier vor dem Komma. Grandios, furios, beispiellos! Wie auch die gesamte von uns dereinst so bezeichnete „Ritte-Air“ mit Ehefrau Ute (*1952), Sohn Thomas (*1979) und Tochter Christina (*1982), die sich allesamt dieser technisch ausgesprochen anspruchsvollen, geradezu artistisch anmutenden Disziplin verschrieben haben. Diese Gene wurden den vier Enkeln in die Wiege gelegt, deren liebstes Spielzeug der Glasfieberstab ist. Die Wege im Familienverbund über drei Generationen hinweg sind kurz, leben die Rittes auf einem großen parzellierten Grundstück in einem Moerser Wohngebiet in drei Einfamilienhäusern.
Rittes Ritterschlag: World Best Master of the Year 2008
Eine von etlichen mit dem Stab verdienten Weihen auf Hochglanz glitzerndem Parkett sei noch erwähnt: Als es noch keinen verwässerten Auszeichnungstsunami des Weltverbandes World Masters Athletics (WMA) in x verschiedenen Kategorien gab, wurde Wolfgang Ritte im November 2008 auf der World Athletics Gala der IAAF (jetzt WA) im „Salle de Etoille“ (Sternensaal) im alt-ehrwürdigen Monte Carlo Sporting-Club vor 730 geladenen Gästen unter Anwesenheit von Fürst Albert von Monaco als „Best Master of the Year 2008“ gekürt. Nicht durch „irgendwen“, sondern vorgenommen von den Legenden der Zunft Jelena Isinbajewa und Sergej Bubka. Mehr geht auf diesem Sektor nicht. Seinerzeit titelte die Rheinische Post Moers, für die ich live vor Ort war, in einem großen fünfspaltigen Beitrag mit sechs eingeblocken Farbfotos „Rittes Ritterschlag“. Wolfgang kommentierte damals das ganze überwältigende Drumherum, unter anderem hautnahen Begegnungen mit dem Landesfürsten (sogar in Audienz), Usain Bolt und Michael Jordan, mit den Worten: „Der helle Wahnsinn – wie im Hollywood-Film. Ein unvergessliches Erlebnis.“
Das ist es was zählt: Die Erinnerung, wovon sich prima zehren lässt!