80 Jahre auf der Uhr und noch kein bisschen dem Ehrenamt überdrüssig
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- Geschrieben von Axel Hermanns
(Grevenbroich/Krefeld, 16. Mai 2023) Es gehört an sich zu den angenehmsten Chronistenpflichten eine Laudatio zu einem runden Geburtstag zu verfassen, woran ich mich im Wonnemonat Mai nun schon zum dritten Mal während einer Woche üben kann. Allerdings ist es in diesem konkreten, persönlichen Fall eben auch schon die dritte Ehrbekundung innerhalb von zehn Jahren. Was lässt sich im Herbst des Lebens noch Neues zu einer Person des öffentlichen Lebens beitragen? Da hilft die Anleihe bei einem ungeschriebenen Zeitungsgesetz, wonach eingedenk der Reizüberflutung niemand vergesslicher sein würde als der Leser. Schließlich ist die Zeitung von heute morgen bereits von gestern. Noch schnelllebiger ist ein Online-Medium mit sich förmlich überschlagenden Meldungen.
Der gute Geist der Senioren-Leichtathletik
Sei’s drum: „Der gute Geist der Senioren-Leichtathletik“, wie einst die angesehene Rheinische Post in einer großen Geschichte über sie titelte, vollendet heute 80 Jahre auf der Lebensuhr: Gisela Stecher (im Bidl) aus Grevenbroich, die in den Kriegswirren am 16.Mai 1943 das häufig flackernde elektrische Licht der Welt erblickte. Gelobt sei, was hart macht! Denn diese taffe Frau steht seit 2005 (!) trotz so mancher gesundheitlicher Rückschläge in jüngerer Zeit als Landesseniorenwartin des Leichtathletik-Verbandes Nordrhein (LVN) „ihren Mann“. Und das, wie schon 2013 und 2018 an selber Stelle, mit einer großen Aufgabe als Veranstaltungsleiterin der Deutschen Senioren-Meisterschaften am 12./13.August 2023 in Mönchengladbach vor sich. Gewissermaßen als Durchlauferhitzer sind dort im schmucken Rheydter Grenzlandstadion am 03.Juni die Offenen Nordrhein-Seniorenmeisterschaften ihres angestammten Regionalverbandes.
Mit einem gaaanz großen Herzen für Senioren versehen
Gisela hat unter ihrem Mädchennamen Pick von der Jugend an praktische alle Weihen durchlaufen. Sie spielte im Winter erfolgreich Basketball, war 1958 mit ihrem Klub ART Düsseldorf (Vorgänger ATV) deutsche Jugendmeisterin und gewann fünf Jahre später den nationalen Titel bei den Frauen. Der Leichtathletik wendete sie sich im Sommer zu, war deutsche Jugend-Vizemeisterin im Kugelstoßen, später schon als Ehefrau des sprintenden Klubkameraden Dieter und Mutter von zwei Söhnen Trainerin und Kampfrichterin. Sie schnürte auch bei den Seniorinnen wieder die Werferschuhe für Kugel und Diskus, gewann etliche nationale und internationale Titel in verschiedenen Altersklassen. Die Karriere nach der Karriere war die der uneitlen, unprätentiösen, unaufgeregten Ehrenamtsinhaberin mit hohem Belastbarkeitspotenzial und einem gaaanz großen Herzen für ihre eigene Spezies: der Ü30-Generation. Für sie stand und steht der Sportler stets im Mittelpunkt ihres Wirkens im Hintergrund.
Eine Preziose unter den Ehrenamtsinhabern
Das hat sich weithin herumgesprochen. Dies belegt eine Fülle von hohen und höchsten Auszeichnungen für ihr soziales Engagement für ihre große Leidenschaft Leichtathletik. Gisela Stecher erhielt für ihre herausragenden Verdienste im Laufe der Jahre die Ehrennadeln des LVN in Silber und Gold, die Silberne und Goldene Ehrennadel des Deutschen Leichtathletik-Verbandes sowie 2013 die Ehrenplakette des LV Nordrhein. Das alles sollte jedoch im Februar 2017 noch getoppt werden. Die damalige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) verlieh der Wahl-Grevenbroicherin die NRW-Sportplakette, die höchste ideelle Auszeichnung, die das einwohnermäßig größte Bundesland auf diesem Gebiet zu vergeben hat. Ja, Ehrenmitglied des ART Düsseldorf ist sie selbstverständlich auch, dem sie seit 68 Jahren angehört. Plakativ wurde es Ende Oktober 2019. Der Landessportbund NRW stellte seinen Jahreskalender 2020 verdienter Ehrenamtsinhaber vor, in dem ihre eine Monatseite gewidmet worden ist. Und zwei Tage später schaffte sie es nicht lediglich deswegen als Interviewgast von Moderator Claus Lufen in die legendäre ARD-Sportschau.
Allein das Bundesverdienstkreuz fehlt in der schmucken Sammlung
Viel mehr geht nicht. Fehlt eigentlich nur noch das Bundesverdienstkreuz in der schmucken Sammlung. Da wurde sie wohl schmählich übersehen, vorgeschlagen zu werden. Vielleicht fühlt sich jetzt jemand ge- und berufen. Verdient hätte sie es allemal. Wie den mal von LAMPIS geäußerten Spruch: „Wenn es sie nicht schon geben würde, müsste sie glatt erfunden werden“ und der Überschrift „Eine Preziose unter den Ehrenamtsinhabern“. Gefeiert wird auf kleiner Flamme bei einem aushäusigen Abendessen im Familienkreise mit Sohn Olaf (57 Jahre, sein Bruder Thomas ist 28jährig verstorben), der Schwiegertochter, zwei Enkelinnen (27 und 25) und dem langjährigen Lebensgefährten Werner Angermund, der die 80 bereits am 03.Januar vollendete.
Und abschließend noch dies mit einem virtuellen Rosenstrauß: Herzlichen Glückwunsch, liebe Gisela!