Belgierin Rachel Hanssens pulverisierte gleich zwei Weltrekorde

(Izmir/Krefeld, 26. August 2014) Wenn ich in meiner Altersklasse hier schon alleine ’rumkaspern muss, dann stelle ich wenigstens einen neuen Weltrekord auf. Natürlich wissen wir nicht, ob sie das wirklich gedacht hat. Aber gekonnt und gemacht hat sie es. Rachel Hanssens (*1929) aus Belgien verbesserte bei der Senioren-EM in Izmir die globale Bestmarke im Kugelstoßen der W85 gleich um satte 76 Zentimeter auf 7,86m. Damit löste sie die vermutlich deutschstämmige Austra Reinberger aus Lettland ab, die seit den vorigen kontinentalen Titelkämpfen in Zittau den Rekord (7,10 m) hielt. Drei späte Mädels aus Deutschland durften ebenfalls auf die höchste Stufe des Podestes klettern und sich ihre, pardon, sehr lahmarschig intonierte Hymne anhören. Mitsingen war/ist freilich bei dem Zeitlupentempo schier unmöglich.
Ellen Weller gewann mit 10,84m die W45 und einem gewaltigen Vorsprung allein auf die Zweitplatzierte von nahezu drei Metern. Das spricht für Ellen, aber gewiss nicht für die schwachen Konkurrentinnen. Sicherlich nicht alltäglich, dass sich zwei Klubkameradinnen über Gold in derselben Disziplin freuen können. Brunhilde Ponzelar (W 75) und Christa Winkelmann (W 80) vom CSV Marathon Krefeld machten dieses Double im sogar gemeinsam ausgetragenen Wettbewerb mit 9,19m beziehungsweise 6,75m perfekt. Noch versüßt dadurch, dass sie in Ingrid Junge (3. mit 6,74 m) und Annemarie Scholten (2. mit 6,10 m) bei den Siegerehrungen jeweils von Landsfrauen begleitet wurden. Allerdings machten sich Winkelmann und Scholten mangels weiterer Beteiligung nur gegenseitig Konkurrenz. Edelmetall steuerten noch Carola Petersen mit 11,04 m als Dritte der W55 und Karin Illgen mit 7,32m als Zweite der W70 bei. Marianne Maier aus Österreich erzielte in der W70 mit 10,54m eine herausragende Leistung, die lediglich 48 Zentimeter unter dem Weltrekord der Britin Rosemary Chrimes liegt.

Norbert Demmel gewann mit feinen 15,15 m     
  
Gewissermaßen im fliegenden Wechsel waren gestern die Senioren die buchstäblichen Herrn der Ringe. Erfreulicherweise auch hier nicht ohne deutsche Erfolgserlebnisse. Wobei allerdings die Kirche hübsch im Dorf gelassen werden muss und der sportliche Wert unterschiedlich zu gewichten ist. Gerhard Herbst war biologisch bedingt in der M 90 Solist und hatte bei seinen 5,95 m allein den Medaillenstandard zum Gegner. Das galt auch für Sven Haumacher als Zweitem unter zwei Teilnehmern in der M45 mit 12,16 m hinter dem hoch überlegenen Griechen Petros Mitsides (15,74 m). Der gemeldete Joachim Bremser, der für mehr Würze im Titelkampf hätte sorgen können, war nicht am Start. Kein Muster ohne Wert war trotz eines dünnen Sechserfeldes in der M50 der Sieg von Norbert Demmel (im Bild), der blitzsaubere 15,15m stieß. Einen Doppelerfolg in der M75 landeten Roland Heiler (12,61 m) und Lothar Huchthausen (12,09 m). Helmut Maryniak wurde in der M45 mit 13,39 m Zweiter. Der norwegische Alleskönner Arild Busterud, wer sonst, gewann mit 14,32m bei seinem dritten Start den dritten Titel in der M65.
In zehn der zwölf Altersklassen hatten die Teilnehmer den Endkampf und mithin sechs Versuche sicher. Ein Ausleseverfahren gab es lediglich in der M55 (16) und M65 (10). Soviel noch zum bereits angeschnittenen sportlichen Wert. Fehlt noch der „Touri des Tages“, der erstmals keinen türkischen Pass besitzt. Er kommt aus der M45, blieb mit der Schnapszahl von 6,66m unter Sportabzeichen-Niveau und schaffte 46,51 Prozent der Siegerleistung von 14,27m. Und der Gewinner ist – Jean Leemans aus Belgien. Nicht nur bei ihm stellt sich die Frage: Was soll das? Da gibt es fraglos angenehmere Möglichkeiten ein Sonnenbad zu nehmen.

Eigenwillige Auslegung von Europa

Während sich die Jungs kugelten, teilweise ob der unterbelichteten Gegnerschaft vor lachen, wurde bei den Mädels gehämmert. Und nicht zu knapp. Jedenfalls bei Rachel Hanssens (W 85). Die Belgierin pulverisierte mal eben den Weltrekord der Peruanerin Julia Huapaya von 23,23 auf 26,80m. Das wurde richtigerweise in der Ergebnisliste mit einem WR vermerkt. Aber nun kommt die ganz eigene geografische Auslegung des italienischen Software-Anbieters Fidalservizi ins Spiel. Denen ist offenbar nicht bewusst, dass Belgien in Europa liegt, obwohl ja die gute Rachel antreten durfte. Denn die Zweitplatzierte Anna Flaibini aus Italien wurde für ihre 21,69 m obendrein mit neuem Europarekord geführt, so signalisierte es das ER neben dem Ergebnis. Der wurde bislang mit 20,49 m notiert. Bella Italia! Das nennt sich dann wohl Schützenhilfe unter Landsleuten. Ein indes untauglicher Versuch. Die europäische Landkarte muss nicht neu gezeichnet werden. Wohin auch mit Belgien mit seinen vielen EU-Nachbarn?!
Ansonsten halten wir es kurz und knapp. Deutscherseits gab es in den jüngeren Jahrgängen nichts zu erben. Die Eisbrecherin machte Gudrun Mellmann mit 31,10m in der W70. Christa Winkelmann (25,26 m) tat es ihr in W 80 gleich. Die weiteren fünf Medaillengewinnerinnen sind der Online-Ergebnisliste zu entnehmen.