...und krönte die Kür nach spannendem Duell mit dem Weltmeistertitel
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- Geschrieben von Axel Hermanns
(Krefeld/Peking, 22. August 2015) Wer nur eine paar dürre Zeilen zur Verfügung hat wie der ARD-Videotext, der muss es notgedrungen recht profan auf den Punkt bringen. Das liest sich dann auszugsweise so: Kugelstoßerin Christina Schwanitz wurde ihrer Favoritenrolle gerecht und ist erstmals Weltmeisterin. Stimmt unter dem Strich, ist aber stark vergröbert formuliert und offenbart nicht, dass es ein ganz enge Nummer war, die buchstäblich am seidenen Faden hing. Der vergleichsweise geringe Unterschied von sieben Zentimetern entschied über Sekt oder Selters, offenbart schon eher die Dramatik dieses von uns prognostizierten Duells auf Augenhöhe mit der Chinesin Lijiao Gong. Die war auf die Minute topfit, glänzend von ihrem deutschen Trainer Dieter Kollark vorbereitet, der als Meister des Timings schon Astrid Kumbernuss zur dreifachen Weltmeisterin in Serie und Mutter (s)eines Sohnes gemacht hatte.
Schwanitz kam mit 19,80m zum Auftakt nicht gerade besorgniserregend in den Wettkampf. Derweil legte der chinesische Kugelblitz unmittelbar darauf bestleistungsnahe 20,30m nach. Die vermochte die Weltranglistenerste (20,77m) aus dem Erzgebirge in einer Art Steigerungslauf über 20,00m im dritten Durchgang mit 20,37m zu kontern. Obwohl es spannend blieb, sollte sich herausstellen, dass damit die Messe bereits gelesen war. Gong lag in der Addition der je drei 20-m-Weiten mit 60,60 zu 60,47m zwar knapp vorn. Aber es zählt nun einmal die absolute Tagesbestweite. Sicherlich hätte Schwanitz als Weltmeisterin vor dem finalen Durchgang schon feststehend gerne noch einen draufgelegt. Doch das ließ der verständlicherweise starke Spannungsabfall mit einem Grinsen im Gesicht nicht zu.
Es fügt sich, dass Deutschland nach dem ersten Tag gemeinsam mit Eritrea und Großbritannien im Medaillenspiegel vorn liegt. Wenngleich es lediglich eine Momentaufnahme ist, wird sich der DLV den wahrscheinlich rahmen und beim unvermeidlichen Empfang dem deutschen Botschafter überreichen.
Noch ein Hitchcocktail für starke Nerven?
Lässt auch Titelverteidiger David Storl Verband und Nation morgen jubeln? Allerdings trägt der 25-jährige Doppel-Weltmeister von 2011 und ’13 nicht die Last des Favoriten. Die gebührt dem us-amerikanischen Drehstoßer Joe Kovacs, der die Weltrangliste mit 22,56m anführt. Das muss kein Nachteil für Storl sein, der bisher stets bewiesen hat, dass er im Verbund mit Trainer Sven Lang, der auch Schwanitz unter seinen Fittichen hat, wie auf Knopfdruck bei den saisonalen Höhepunkten seine Bestform abzurufen vermag. Ein Hitchcocktail für starke Nerven scheint auch hier vorprogrammiert.