Schriller Auftakt der Senioren-WM mit Pleiten, Pech und Pannen

(Lyon/Krefeld, 05. August 2015) Was interessiert eigentlich die vielen Daheimgebliebenen bezüglich der Berichterstattung von den 21. Senioren-Weltmeisterschaften in Lyon aus der Sicht derer, die vor Ort sind? Einmal abgesehen von Reportagen der Ergebnisse. Aber selbst da ist es bei in drei Stadien parallel laufenden Wettbewerben schier unmöglich, den Überblick zu bewahren. Erschwerend kommt ein völlig unzulänglicher Ergebnisdienst der gastgebenden Franzosen hinzu, die obendrein meilenweit hinter der Musik herlaufen (siehe auch gestrigen Kommentar). Das ist finsterstes Mittelalter, als die Zeitungen noch im Bleisatz produziert wurden. Der Auftakt der Titelkämpfe war auch sonst von Pleiten, Pech und Pannen begleitet. Ein kleiner, zwangsläufig unvollständiger Auszug:
1.
Fauxpas) 80m Hürden im Mehrkampf der W 75/80
Startkommando laut Athletenhandbuch: On your marks - set - Schuss. Tatsächlich: On your Marks – Schuss. Das hat logischerweise für sehr viel Unmut gesorgt. Den sich anschließend beschwerenden Mehrkämpferinnen wurde eine Wiederholung des Laufs angeboten. Auf eine derartige Energieverschwendung haben sie eingedenk des noch vor ihnen liegenden Programms verzichtet. Die Gesamtpunktzahl wird jedoch unter dem Zu-lange-in-den-Blöcken-kleben bis hin zur denkbaren Ergebnisverfälschung leiden.
2.) Hochsprung
Brita Kiesheyer (W75) übersprang mit großem Abstand zur Latte die Anfangshöhe. Diese fällt aber, da das beim Aufkommen ausbeulende Sprungkissen vermutlich zu nahe an den Ständern lag. Werner Angermund, selber ausgebildeter und lizenzierter Kampfrichter, moniert dies als DLV-Vertreter beim Kampfgericht. Es wird ihm Recht und der Versuch gültig gegeben. Angermund wird dann jedoch von der Anlage auf die Tribüne hinter den Sicherheitszaun verwiesen.
3.) Kugelstoßen
Derselbe Angermund kommt chinesisch süß-sauer lächelnd vom Kugelstoßen, der dritten Disziplin im Fünfkampf, zurück und erzählt: „Also, so etwas hab' ich auch noch nicht erlebt. Der Hauptkampfrichter mit der weißen und roten Fahne stand nicht am Balken, sondern im Sektor.“

Drunter und drüber auch beim Cross


Erheblichen Ärger gab es auch beim Crosslauf. Da wurden die Kampfrichter, Helfer sowie Helfeshelfer bei dem Massenandrang an Teilnehmern dem richtigen Rundenzählen und der Überrundungen nicht Herr. Der erfahrene, höchst erfolgreiche Herbert E. Müller (M85) beklagte, dass es drunter und drüber ging, einige Langstreckler eine Runde zu wenig laufen „durften“ und so nun vor einem Top-Athleten wie beispielsweise Klemens Wittig gelistet werden.
Was lernen wir daraus? Für das Lokale Organisationskomitee (LOC) scheint die Ausrichtung dieser WM so überraschend und kurzfristig gekommen zu sein, dass es keine Zeit hatte die vielen Kampfrichter und Helfer entsprechend einzuweisen, deren Kompetenz zu überprüfen und gegebenenfalls noch zu schulen. Der Begriff „Heitere Spiele“ wird in Vive la France (Es lebe Frankreich) noch eine ganz neue (Be-)Deutung erfahren. Viel schöner wäre indes im Interesse der Sportler/innen aus 98 Nationen, wenn die Organisatoren mit einem Machtwort des Weltverbandes WMA alsbald in die richtige Spur fänden.
Und was schreibt für uns Wissbegierigen daheim der Chef-Literat der DLV-Senioren/innen in der „Oldiethek“ auf der Verbandsnetzseite? Alle 716 (!) der gemäß offizieller Version des LOC’s 714 gemeldeten deutschen Aktiven wären bereits am 03.August angekommen. Wahrscheinlich hat er sie alle per Handschlag im TIC, dem Technischen Informationszentrum (Akkreditierungsstelle), begrüßt und gezählt. Was nicht allein wegen der falschen Zahl und üblichen Ausfallquote von bis zu 25 Prozent Honig blühender Blödsinn ist. Denn wegen des späteren Beginns ihrer Wettbewerbe sind längst noch nicht alle angereist. Und in seinen ersten WM-News erscheint der obligatorische, von Wikipedia „abgeschriebene“, entbehrliche Geografieunterricht zu Lyon und Umgebung. Da haben wir uns mit einer bloßen Verlinkung für wirkliche Interessenten begnügt. Klar, wer angibt, hat deutlich mehr vom Leben.