Deutsche werden "unten ohne" bei der WM für gehöriges Aufsehen sorgen

Glosse

Das Wort am Sonntag

(Krefeld/Lyon, 02. August 2015)
Vive la France! Vive la Republique! (Es lebe Frankreich/Es lebe die Republik). Die Franzosen sind ein stolzes Völkchen. Das ist ganz grundsätzlich betrachtet auch völlig in Ordnung. Böse Zungen behaupten indes, die Franzmänner, deren Frauen eingeschlossen, wären hochnäsig bis arrogant und intolerant. Das fängt damit an, dass sie sich im eigenen Land auch mit Gästen aus aller Herren Länder ausschließlich ihrer Muttersprache befleißigen. Selbst wenn sie zehn Fremdsprachen vor- und rückwärts sowie dazu noch Esperanto in Perfektion beherrschen. Darauf sollten sich auch die 714 startwilligen Deutschen unter den 8.042 Gemeldeten (Teilnehmer sind es erst, wenn sie wirklich teilgenommen haben, Herr Flucke und Konsorten; die Ausfallquote beträgt meist um die 25 Prozent) aus 98 Nationen bei den 21. Senioren-Weltmeisterschaften vom 04. bis 16. August 2015 in Lyon einstellen. Da fabuliere ich nicht über des Kaisers Bart, sondern über eigene Erfahrungen als (erfolgreicher) Akteur im Kugelstoßen der M55 bei den Hallen-Europameisterschaften 2001 in Bordeaux. Wie nicht erst diese Zeilen lehren, habe ich dennoch den Weg zurück nach Hause gefunden. Allerdings gehörte unserer kleinen privaten Reisegruppe Inge Cichowski an, die Ehefrau von Sprinter Wilhelm „Chico“ Chichowski, die der französischen Sprache in Wort und Schrift allmächtig ist. Das war eine enorme Erleichterung. Doch nicht jede/r ist in dieser komfortablen Situation, einen leibhaftige/n "Dictionary" bei sich zu führen. Außerordentlich beruhigend jedoch, dass die sportlichen Regeln überall gleich sind.

Übliche Mechanismen greifen (zu)

Leider auch die üblichen Mechanismen und Gepflogenheiten bei internationalen Senioren-Meisterschaften. Das Startgeld ist gnadenlos überteuert, die Hotels ebenfalls. Dazu haben die cleveren Franzosen noch eine zusätzliche Geldquelle erschlossen. Außer der sündhaft kostspieligen Antrittsgebühr von 97 Euro für eine Disziplin mit allen Nebengeräuschen, in der die Urkunde eigentlich enthalten sein müsste, lassen sie sich deren Ausdruck ab Platz vier extra bezahlen. Da schlag’ doch einer lang hin! Das wäre auch ein Geschäftsmodell für den ständig krampfhaft, der Verzweiflung nahe, nach neuen Einnahmemöglichkeiten suchenden DLV. Fünf Euro für ein bisschen bedrucktes Papier bis zum gefühlten 495. Platz abwärts bei einer Marathon-DM versprechen eine satte Rendite von minimum 500 Prozent. Der ansonsten Schulden verwaltende Schatzmeister des Verbandes würde vor purer Freude vermutlich einen Herzkasperl bekommen.
Es übersteigt abermals die Vorstellungskraft der Zeitplan-Gestalter, dass Athleten vordergründig wegen des ursächlichen sportlichen Ereignisses anreisen. Insbesondere die weit überwiegenden Europäer bei einer derartigen Veranstaltung in Mitteleuropa. Das klassische Double Hammer- und Gewichtwurf liegt in etlichen Altersklassen bis zu sieben Tagen auseinander. Ein Schuft der Böses dabei denkt muss man gar nicht sein. Es ist offenkundig, dass die heimische Tourismusbranche mit allem was sonst noch so dazu gehört ordentlich mitverdienen sollen. Ein „bisschen“ Eigennutz inklusive, kassieren die Organisatoren an Provisionen bei Hotelbuchungen über deren Schiene doch munter mit ab. Zitieren wir Goethe und Hammerwerfer Albert Fichtner aus München: Man merkt die Absicht und ist verstimmt! Mit der Konsequenz, dass er und sicherlich viele andere lediglich zu ihrer Paradedisziplin gemeldet haben. Es gibt allerdings bei Klassikern auch Ungereimtheiten in der umgekehrten Richtung. Nur ein Beispiel: Das Kugelstoßen (Finale) und Diskuswerfen (Qualifikation) der M65 folgt so dicht aufeinander, dass es einer Zumutung gleichkommt.

DLV schürt Angst Leichtgläubiger und Frischlinge

Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV), das bekannte Unwesen, macht aus der Angst Leichtgläubiger sowie international startender Frischlinge erneut eine Tugend und will mit der Drohgebärde einer Disqualifikation einmal mehr den Verkauf seiner den Gemischtwarenladen in Darmstadt hütenden nationalen Wettkampfkleidung ankurbeln. Das Thema ist spätestens seit der diesjährigen Hallen-EM im polnischen Torun vom Tisch. Er, der DLV, preist jedoch im Athleten-Handbuch von A – Z ungerührt seine aktuelle Nationalmannschaftskollektion als angeblich obligatorisch an. Dabei produziert er dann noch eine besonders prachtvolle Stilblüte. O-Ton: „Die dazugehörige Hose ist nicht verpflichtend.“ Das stelle man sich bildlich vor: die deutschen Senioren/innen unten ohne! Verbandsoberschwester Margit Jungmann aus Rehlingen bekäme in ihrer Eigenschaft als WMA-Vizepräsidentin endlich mal richtig Arbeit. Dann müsste sie unweigerlich jede Menge Disqualifikationen aussprechen. Und nicht wegen der vom DLV blödsinnigerweise erneut angeführten „eigenen Kompositionen“, die der kecke Sprinter Heinz Keck aus Osnabrück im Rahmen von SENGIDA (= Senioren gegen die Internationalisierung der AK-Trikots; Urheberrechte Heinz Engels aus Mainz) scherzhaft kreierte.
In diesem Sinne Vive la France, immer hübsch tapfer bleiben, einen schönen Sonntag und eine buchstäblich heiße neue Kalenderwoche hier zu Lande oder etwa 535,5 Germanen (= 75 Prozent) plus sieben Personen DLV-Begleitpersonal in Frankreich!