Scheinbar heikle Trikot-Frage erwies sich als veritable Luftnummer
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- Geschrieben von unseren Korrespondenten vor Ort
(Torun, 23. März 2015) Viel Lärm um nichts (William Shakespeare). Oder weniger literarisch: Es wird selten so heiß gegessen, wie zuvor gekocht. Ein Geschmäckle hat das Ganze durch die bundesdeutsche Brille betrachtet allerdings schon. Nun steht es fest: die Kampagne zum Germany/Deutschland–Trikot war, wie schon lange gemutmaßt, eine simple Verkaufsmasche zur Ankurbelung des Geschäftszweiges „Merchandising“. Den Senioren/innen wurde Angst gemacht bis hin zum Szenario der Disqualifikation. Plus der nicht autorisierten Altkleidersammlung durch den Senioren(ver)sprecher, die die angebliche Notwenigkeit des Tragens einheitlicher Trikots gemäß §143.1 der Internationalen Wettkampfregeln (IWR) unterstreichen sollte. Übel, übel mit dem unverkennbaren Anstrich der Falschaussage durch den DLV. Auf der gestrigen technischen Sitzung der 10. Hallen- und Winterwurf-EM eine Stunde vor der Eröffnungsfeier wurde Jerzy Krauze aus Polen als EMA-„Vize“ in Vertretung des nicht anwesenden Präsidenten Kurt Kaschke nach besagter Regel gezielt befragt, erklärte dazu klipp und klar, dass alle Trikots wie bisher erlaubt seien, die einen Hinweis auf die Nationalität geben. Streng genommen bis zur Einführung der europäischen Senioren-Titelkämpfe im Jahre 1978 zurück.
Dazu kam von der zahlreich anwesenden DLV-Delegation kein Kommentar, obwohl die „offiziöse“ Leiterin Margit Jungmann in ihrer Eigenschaft als WMA-Vizepräsidentin eindeutig hätte Stellung beziehen müssen. Irgendeine wenigstens. Kein Sterbenswort der Vertreter des am NIKE-Tropf hängenden nationalen Dachverbandes, der wochenlang propagiert hatte, dass nur zwei Trikots der beiden letzten Kaufkollektionen, darunter das mit dem selbstverleugnenden Schriftzug GERMANY, erlaubt seien. Die scheinbar heikle Trikot-Frage wurde zur veritablen Luftnummer degradiert. Aber es kommt noch besser: Es entbehrt gleichwohl nicht einer gewissen Pikanterie in diesem Zusammenhang, dass Vorzeige-Senior Guido Müller, seines Zeichens „World Best Master of the Year 2014“, in einer alten weißen Adidas-Trainingsjacke mit schwarz-rot-goldenen Schwingen gewandet bei der Eröffnungsfeier den Athleteneid sprach. Da lachen sich bis auf den aktuellen Ausrüstungssponsor alle zuvor eingeschüchterten Aktiven und die interessierten Außenstehenden schlapp. Guido sei Dank! Ausnahmsweise. Denn er denkt eindimensional in Sachen Lauf, ist bekennender Gegner von Stoß und Wurf bis hin zu abstrusen Forderungen der Abschaffung entsprechender Disziplinen zur Straffung der Zeitpläne.