Sigrun Kofink: Grande Dame des Kugelstoßens ging für immer von uns
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- Geschrieben von Gastautor Alwin J. Wagner
(Tübingen/Krefeld, 11. März 2015) Nicht nur ihre Angehörigen, auch die deutschen Senioren/innen speziell aus der Werferszene trauern um eine ihrer erfolgreichsten Athletinnen: Sigrun Kofink (*23. April 1935) hat sechs Wochen vor Vollendung ihres 80. Lebensjahres den Kampf gegen eine schwere Krankheit verloren und ist für immer von uns gegangen. Wir beklagen den Verlust eines wertvollen Menschen und empfinden die Lücke, die sie hinterlässt. Die Verstorbene war über sechs Jahrzehnte in der Leichtathletik eine geachtete und beliebte Persönlichkeit. Sie hat durch ihre Meisterschaften und Rekorde in allen vier klassischen Wurfwettbewerben sowie im Wurf-Fünfkampf vor allem in der Seniorenklasse große Spuren hinterlassen.
Ihren ersten Kugelstoßtitel bei den Frauen holte sie sich 1960 im Berliner Olympiastadion noch unter ihrem Mädchennamen Grabert. Sie siegte souverän mit 15,03 Meter vor Marianne Werner (13,96m). Für die Olympischen Spiele in Rom konnte sie sich nicht qualifizieren, weil sie in der da noch üblichen Ost-West-Ausscheidung für eine gesamtdeutsche Mannschaft hinter den drei DDR-Athletinnen Wilfriede Hoffmann (16,32m), Johanna Lüttge (16,22m) und Renate Garisch (15,95m) mit 15,55m den undankbaren vierten Platz belegt hatte.
Ein Jahr später verteidigte Sigrun Grabert in Düsseldorf ihren Vorjahrestitel mit 15,35m vor Marlene Klein (14,51m). Ein Hattrick wurde es nicht, musste Kofink auf ihren dritten Kugelstoß-Titel bis zur DM 1963 in Augsburg warten, den sie mit 14,71 Meter erneut vor Klein (14,63m) gewann. Da schon unter ihrem Ehenamen Kofink, mittlerweile mit ihrem Trainer Hans-Jörg Kofink verheiratet. Unter dem Hallendach war sie noch erfolgreicher, wurde viermal Deutsche Meisterin und fünfmal "Vize". Sigrun verbuchte ihre größten internationalen Erfolge 1971 als Achte bei der Hallen-EM in Sofia sowie als Elfte bei der Stadion-EM in Helsinki. Die für die LG Tübingen startende Kugelstoß-Spezialistin erzielte am 15. Juli 1972 in Pliezhausen mit 16,69m ihre beste Leistung.
Obwohl sie die Norm erfüllt hatte, durfte sie bei den heimischen Olympischen Spielen 1972 in München nicht starten, da der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) das Kugelstoßen der Frauen als einzige Disziplin nicht besetzte. In einem „Brandbrief“ an den DLV und das NOK prangerte ihr Ehemann das Anabolikadoping im Osten als Ursache der großen Leistungsunterschiede an und trat daraufhin als Bundestrainer zurück.
Als Seniorin spielte sie auch auf internationaler Bühne die Hauptrolle in den Wurfwettbewerben und überzeugte in all den Jahren mit Leistung, Leidenschaft, Willensstärke und Erfolg. In den wichtigsten saisonalen Wettkämpfen konnte sie immer das umsetzen, was sie sich vorgenommen hatte. Sie liebte die Wettkämpfe und hatte großen Spaß daran. Und vor allem hatte sie eine wachsende Lust am Siegen. Nach einer langen Verletzungspause packte Sigrun Kofink in der Altersklasse W75 wieder das Wettkampffieber. Sie meldete sich mit vielen Erfolgen und deutschen Bestleistungen in der Leichtathletik-Szene zurück.
Diese Grande Dame des Kugelstoßens sowie außergewöhnliche und hilfsbereite Frau schloss gestern für immer die Augen. Es ist nicht nur eine gerne verwendete Floskel, dass alle, die sie persönlich kannten, ihr ein ehrendes Gedenken bewahren werden.