Diskuswerfer mit extrem langem Haltbarkeitsdatum wird heute Fünfzig
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- Geschrieben von Axel Hermanns
(Schmalstede/Krefeld, 11. Mai 2023) Niemand kann sich seinen Familiennamen aussuchen. Nicht einmal den Vornamen. Ersterer wird einem bei der Geburt praktisch mit in die Wiege gelegt, der vorweg ist spätestens nach reiflicher Überlegung der Eltern bei der Eintragung ins Stammbuch im Standesamt zu benennen. Und in diesem speziellen Falle ist ein bisschen Ahnenforschung durchaus hilfreich, um völlig losgelöst von der Person womöglich falsche, dem bloßen Anschein nach furchteinflößende Assoziationen herzuleiten. Also habe ich ein klein wenig geforscht. Und da heißt es auf der Netzseite ahnenforschung.net stark verkürzt wiedergegeben zur Etymologie (Herkunft und Bedeutung): „Benennung nach Wohnstätte zu mittelniederdeutsch mōr ‘Moor, Sumpf’ und mittelniederdeutsch horst , hurst , host ‘niedriges Gestrüpp, abgeholzte Stelle im Wald, wo junge Sprösslinge nachwachsen, wüster, wilder Ort’ für jemanden, dessen Hof an einer entsprechenden Stelle in einem sumpfigen Gelände oder einem entsprechend benannten Flurstück liegt.“
Harmloser geht es kaum. Das wäre bei ihm ohnehin allenfalls mit positiven Umschreibungen wie Mordsbursche, Mordskerl, Mordstyp, Mordskumpel und was sonst noch möglich in Verbindung zu bringen, dem Ralf Mordhorst (im Bild) vom LAC Lübeck.
Mit zwei Metern Größe und 118 Kilo ein Modellathlet wie er im Buche steht
Das focht Klein-Ralf alles (noch) nicht an, als er am 11.Mai 1973, folglich heute vor 50 Jahren, im Kreißsaal eines Krankenhauses in Rendsburg das elektrische Licht der Welt erblickte. Daraus sollte sich im Laufe der Zeit ein Mordsmannsbild von heutzutage zwei Metern Größe und gut verteilten, austrainierten 118 Kilogramm entwickeln. Aus dem Holz werden Werfer geschnitzt. Bei ihm allerdings über einen Umweg. Als fünfjähriger Knirps begann er mit dem Fußballspielen. Dem blieb er mit Talent gesegnet recht lange treu, ehe ein bei einem Motorradunfall erlittener Waden- und Schienenbeinbuch das Aus bedeutete. Gewissermaßen ein Glücksfall für die Spezies von Stoß und Wurf der Leichtathletik, die er parallel ab Fünfzehn in einer Trainingsgruppe in Neumünster betrieb. Darunter der spätere Olympiateilnehmer von 1996 in Atlanta, Kugelstoßer Dirk Urban (Bestleistung 20,26m), und Oliver Rohwer..
Einzigartig: Von 1991 bis 2021 stets über 50 Meter mit dem 2-Kilo-Diskus
Die beiden sind jedoch längst in der sportlichen Versenkung verschwunden. Aus Ralf wurde jedoch mit dem Nebenschauplatz Kugelstoßen (PBL 16,68m mit 7,26kg) vornehmlich als Diskuswerfer ein Dauerbrenner der Szene mit einem langen Haltbarkeitsdatum auf extrem hohem Niveau. Ausgestattet ist er mit einer absoluten Bestleistung mit der zwei Kilo schweren Scheibe von 61,46m, erzielt 2003 beim damals berühmten Spezialmeeting in Wiesbaden. Das dauerhaft hell strahlende „Nordlicht“ übertraf 1991 18-jährig erstmals die 50-m-Marke mit dem Zweier und das danach durchgängig über – man lese und staune – 31 Jahre hinweg. Grandios! Famos! Furios! Da lehne ich mich nicht einmal allzu weit aus dem Fenster: Das dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einzigartig sein. Diese beispiellose Serie wurde ihm Vorjahr gestoppt, scheiterte mit 49,98m vom 12.Juni in Büdelsdorf lediglich um winzige zwei Zentimeter.
Mit dem Zweier soll in dieser Saison auch wieder eine 50 vor dem Komma stehen
Obwohl er nun auch nach internationalem Maßstab in der M50 angekommen ist und mit dem 1,5 Kilo „leichten Kindergerät“ (bereits 54,98m am 08.April) werfen darf, hat er sich für diese Saison wieder mit dem schwereren Diskus eine 50 vor dem Komma zum Ziel gesetzt. Als Winterwurf-Weltmeister der M45 warf der da noch 49-Jährige am 30.März 2023 im polnischen Torun 48,71m weit. Darum sollte sich im Übrigen aufgrund einer Freud'schen Fehlleistung des DLV unsere Glosse ranken (siehe Link).
Neben einer langen Erfolgsliste bei den Senioren, mit den herausragenden Triumphen von vier Titeln bei Weltmeisterschaften und einem bei der EM ist allemal bemerkenswert, dass er auch seit der M30 über 20 Jahre hinweg stets unter den Top 25 der Männer-Bestenliste zu finden gewesen ist. Ebenfalls einzigartig in einer technischen Disziplin, dazu der Schwerathletik in der Leichtathletik.
Namens- und Ahnenforschung mit persönlichem Bezug zum Beruf und zur Berufung
Doch ein Schwenk zurück zur Ahnen- und Namensforschung. Die liegt dem Ralf Mordhorst, ob rein zufällig oder gewollt, in der geschilderten Bedeutung schon sehr nahe. Der in der 280-Seelen-Gemeinde Schmalstede im Herzen von Schleswig-Holstein wohnhafte Junggeselle mit dem 13-jährigen Sohn Erik ist Diplom-Agrar-Ingenieur von Beruf und auf bebautem großen Grundstück (mit eigener Kugelstoß-Anlage) Nebenerwerbslandwirt für Ackerbau und Grünlandschaftsbewirtschaftung aus eigener Berufung. Und in einem solch kleinen Ort müssen eben alle Erwachsenen irgendwie ran. Dem entzieht sich auch der äußerst sympathische und emphatische „Mordskumpel“, den ich als „Vater im Geiste“ persönlich kenne, sehr schätze und mag, als Stellvertretender Bürgermeister und Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr nicht. Nach unserem gestrigen abendlichen Telefonat war anschließend die Gemeinderatssitzung zur Organisation des Feuerwehrfestes angesagt.
Seinen heutigen Geburtstag verbringt Ralf ganz normal mit Arbeit. Nachgefeiert wird Samstag bei Gegrilltem und Gerstenkaltschale. Das „flenst“ (die Bierflasche mit dem Plopp-Effekt), hoch soll er Leben!