Eine andere Osterbotschaft zum Gedenken an eine Männerfreundschaft

(Krefeld und die Republik, Karfreitag, 07. April 2023) Mitunter liefere ich mir selber eine Steilvorlage für einen neuen Beitrag, wobei heute allerdings die Wünsche zum Osterfest ganz oben auf der Agenda gestanden haben. Doch anknüpfend an die gestrige Story zu durch die Senioren-Leichtathletik geborenen Männerfreundschaften fiel mir just an Gründonnerstag eine von mir ein, die an diesem Datum vor elf Jahren mit einer weit auseinander klaffenden, geradezu tragisch zu nennenden Kombination von Freud und Leid durch den Tod jäh beendet wurde. Ursprünglich hatte ich die Hallen-Weltmeisterschaften der Ü35 über Ostern 2012 im mittelfinnischen Jyväskylä aufgrund anhaltender Formschwäche bereits abgeschrieben, weder Flug noch Hotel gebucht.
Doch mein aus Homberg am Niederrhein stammender, schon lange in Walsrode am Rande der Lüneburger Heide lebender und mit einer gebürtigen Krefelderin verheiratete (Sport-)Freund Eugen Reinhardt (*26.11.1940,
06.04.2012; im Bild) redete mich wie ein Wanderprediger förmlich in die Nummer rein. Vorausgeschickt, dass ich mit ihm neben ziemlich regelmäßigen gegenseitigen Besuchen mit Ehefrauen viele Reisen zu internationalen Meisterschaften gemeinsam geplant und unternommen habe, telefonierten mehrmals wöchentlich miteinander. Er selber stornierte jedoch den Skandinavien-Trip kurzfristig wegen eines zu behandelnden erhöhten Blutdrucks, für den die Pressatmung beim Kugelstoßen das pure Gift gewesen wäre.

Eine schiere Achterbahnfahrt der Gefühle nahm ihren Lauf

Der Zufall wollte es, dass ich statt seiner das plötzlich freigewordene Hotelzimmer in der ansonsten restlos ausgebuchten Universitätsstadt bekam. Es sollte noch besser werden: Beim Kugelstoß-Wettbewerb der M65 schlug ich den favorisierten finnischen Lokalmatadoren Matti Juppila mit 13,65 zu 13,43m. Noch vor der Siegerehrung war meine erste Handlung Eugen anzurufen, um ihm freudestrahlend zu danken, dass er mich erfolgreich zu diesem WM-Erfolg überredet hatte und ihm den Titel zu widmen. Am anderen Ende der imaginären Leitung meldete sich seine Frau Helga, da schon, was ich noch nicht wusste, seine Witwe, der ich in Kurzform von meinem Titelgewinn berichtete. „Toll, Glückwunsch!“, antwortete sie zunächst. „Aber Eugen ist in der vergangenen Nacht an Herzversagen verstorben.“ Eine Achterbahnfahrt der Gefühle nahm ihren Lauf.

Schier überschäumende Freude von jetzt auf gleich wie weggeblasen

Stark komprimiert wiedergegeben, war meine bis dahin schier überschäumende Freude von jetzt auf gleich wie weggeblasen. Nach dem Telefonat heulte ich ausgewachsenes, scheinbar hartgesottenes Mannsbild von 67 Jahren erst mal wie ein kleines Kind Rotz und Wasser, ehe ich bei dem mir zufällig über den Weg laufenden Werfer-Ehepaar Teodora und Hermann Albrecht, die den allseits beliebten, offenherzigen und humorvollen Eugen kannten, ersten Trost fand und anschließend die traurige Nachricht handschriftlich für das Schwarze Brett der DLV-Equipe verfasste. Den Rest bis zu meinem Heimflug am nächsten Tag erlebte ich wie in Trance und schwor mir, nie mehr bei einer Senioren-Europa- oder Weltmeisterschaft zu starten. Das hat Bestand und wird es für die Restlaufzeit der Lebensuhr auf dieser derzeitig besonders schnöden Welt haben.  

Romantische Floskel vom ehrenden Gedenken trifft bisweilen zu

Dem Menschen über seinen Tod hinaus ein ehrendes Gedenken zu bewahren ist eine romantische Floskel, wird bei den eigenen Eltern und Geschwistern sicherlich zutreffen. Ansonsten? Aus den Augen, aus dem Sinn! Doch nicht nur, aber spätestens am 06.April, wenngleich es wie diesmal kein Gründonnerstag ist, kommt mir mein ehemaliger, untrennbar mit meinem größten Erfolg im Ring verbundener „Spezi“ in den Sinn. Selbstverständlich habe ich ihn vor elf Jahren auf seiner ultimativen letzten Reise begleitet, vorher mit weichen Knien, gelegentlich zitternder Stimme und wässrigen Augen die Traueransprache aus Sportlersicht in der Friedhofskapelle von Walsrode gehalten. Obwohl der Anlass der denkbar traurigste gewesen ist, war es mir eine große Ehre!
Nach dieser etwas anderen Osterbotschaft wünsche ich allen getreuen LAMPIS-Lesern mit einem freihändig bemalten hohlen Gänseei meiner kreativen Frau Elke als Symbol gleichermaßen fröhliche wie besinnliche Festtage wo und mit wem auch immer!