Bei der Senioren-DM wird heute um 9 Uhr schon "angezapft"

(Erding/Krefeld, 17. September 2022) „O’zapft“ wird heute beim Münchner Oktoberfest um Punkt 12 Uhr. Derweil geht es im lediglich 42 Kilometer entferten Erding bei den Deutschen Senioren-Meisterschaften der Ü35-Generation bereits um 9 Uhr los. Die ohnehin vermeintlich an seniler Bettflucht leidenden gemeldeten neun Hammerwerfer der M80/85 haben unter anderen das zweifelhafte Vergnügen an der Eröffnung dieser erstmals nur zweitägigen Titelkämpfe beteiligt zu sein. Leistungsfeindlicher geht es nicht mehr, einen sehr fortgeschrittenen Organismus auf Betriebstemperatur und Touren zu bringen. Aufstehen um spätestens 05:30 Uhr, Athleten-Frühstück mit reichlich Kohlehydraten um 06:00 Uhr. In aller Regel zu so früher Morgenstunde in einem Hotel nicht zu haben. Ja, klar: Ein Wettkampf ist kein Wunschkonzert. Aber da hätte es zig andere Möglichkeiten gegeben, so denn der – kein Tippfehler – Zeitplan-Verunstalter nur mit einem Hauch von Ahnung gesegnet gewesen wäre.

Nach frevelhaftem Willkürakt Diskuswurf wieder im Programm

Nach dem frevelhaften Willkürakt des Vorjahres ist mit dem Diskuswurf einer der klassischsten Wettbewerbe der olympischen Antike (siehe auch Fenster Über Lampis) wieder im Programm. Die wahren Spezialisten müssten also restlos unterzuckert sein. Und siehe da: Mit je elf Startwilligen sind die M60 und W55 die meistbesetzten Wettbewerbe bei Stoß und Wurf. Das ist auch eine Anzahl, bei der Meisterschaftsambiente aufkommt. Noch so gerade zweistellig ist es beim Kugelstoßen der M55, Hammerwurf der W55 sowie Speerwurf der W55 und M60. Der große Rest ist von der Frequentierung bis zu trostlos abwärts.

Mit Norbert Demmel und Helmut Maryniak zwei Bayern die Favoriten

Noch zwei prominente Namen mit bayrischem „Migrationshintergrund“. Obwohl durch einen Anriss der Supraspinatussehne stark eingebremst, er nach eigener Interpretation nur noch „Hosentaschenwürfe“ machen kann, führt Weltklasse-Wurfallrounder und Lokalmatador Norbert Demmel (*1963) vom TSV Unterhaching im letzten Jahr der M55 stehend die Meldeliste im Diskuswurf mit 48,28m und exakt drei Metern Vorsprung an. Vielleicht zaubert der exzellente Wettkämpfer sogar einen 50er aus seinem linken Wurfarm. Damit ist freilich eine Altersetage tiefer bei dem weiteren Bajuwaren eher zu rechnen. Helmut Maryinak (*1968) vom LAC Passau geht mit der Empfehlung von 52,41m in den Ring und ist der noch klarere Favorit, der sich praktisch nur selbst schlagen könnte.

Ralf Mordhorst strebt in der M45 das Double mit Kugel und Diskus an

Schreiben wir noch über einen, der nicht dabei sein und seinen Titel verteidigen kann: Der kugelstoßende deutsche Vorzeige-Senior Andy Dittmar (*1974) von BiG Gotha zog sich bei seinem Titelgewinn bei der skandalumtosten Masters-WM im finnischen Tampere einen Muskelfaserriss zu und musste die Saison vorzeitig beenden. Deshalb steht bei ihm mit 17,54m erstmals seit vielen Jahren nicht mindestens eine 18 vor dem Komma in der saisonalen Bestenliste. Es reicht aber immer noch zu Rang 19 bei den Männern (!) und Platz eins der M45 mit 4,28m Vorsprung. Aber das Fehlen des sportlichen Thüringer Volkstribuns versprüht auch seinen Reiz, werden in dieser Disziplin die Karten völlig neu gemischt. Allzu viele scheinen es allerdings nicht mitbekommen haben, dass eine Marktlücke entstanden ist, will nur aus einem Quartett einer seine Nachfolge antreten. Die besten Aussichten sollte „Halb-Drehstoßer“ Ralf Mordhorst (*1973; im Bild) vom LAC Lübeck haben, der im Diskuswurf mit seinen 49,98m der haushohe Primus ist (alles Weitere in der Meldeliste und zu den Live-Ergebnissen).

WMA-Präsidentin Margit Jungmann gibt der DM die Ehre

Margit Jungmann (im Bild) aus Rehlingen wird als Präsidentin des Senioren-Weltverbandes World Masters Athletics (WMA) gewissermaßen im Büßergewand und viel Erklärungsbedarf (siehe weiter oben) heute ab etwa 14 Uhr der DM ihre Aufwartung machen. Immerhin! Das stelle man(n)/frau sich bei DLV-„Frühstücksdirektor“ Jürgen Kessing aus Bietigheim-Bissingen oder gar dem abgehobenen Vorstandsvorsitzenden Cheick-Idriss Gonschinska vor. Völlig illusorisch! Aber der letztgenannte Mann darf als entschuldigt gelten. Der 53-jährige Leipziger brütet wahrscheinlich immer noch mit seiner Chefhostess Annett Stein und den übrigen Planungsversagern an der Aufarbeitung des desaströsen Abschneiden bei der WM der Männer/Frauen in Eugene (wir berichteten rauf und runter). Oder hat jemand schon von der angekündigten „schonungslosen Analyse“ irgendwo etwas gelesen? Geschweige denn, dass es notwendige personelle Konsequenzen gegeben hätte.